Fun Facts: Resonanz oder wenn Systeme aufgeschaukelt werden

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Denkt man an Resonanz und eine Rennstrecke, so liegt der Gedanke an röhrende Motoren nahe. Doch dass sich das Phänomen auch auf weitere Bereiche erstreckt, zeigt das Beispiel der findigen Ingenieure des Renault-Teams in der Formel 1.

Die Konstrukteure setzten 2005 erstmals einen sogenannten Massedämpfer bei dem damaligen Modell R25 ein. Fernando Alonso gewann noch im selben Jahr mit diesem Auto seinen ersten WM-Titel und Renault die Konstrukteursmeisterschaft. Bei der verwendeten Technologie wurden bewegliche Gewichte an der Vorder- und Hinterachse eingesetzt, die die Fahrzeugbewegungen reduzierten und den Fahrern so bei dem Befahren von unebenen Streckenabschnitten oder bei extremen Bremsmanövern einen erheblichen Vorteil bescherten.

Laut Aussage des damaligen Chef-Ingenieurs Pat Symonds führte diese Innovation zu einer Steigerung um bis zu zwei Zehntelsekunden pro Rennrunde – wie man weiß, kann das in der Formel 1 den Unterschied machen. Nachdem auch sechs weitere Teams, unter anderem Ferrari, Red Bull und Williams, in der darauffolgenden Saison entsprechend nachgerüstet hatten, stufte das Berufungsgericht des Internationalen Automobilverbandes (FIA) die Massedämpfer jedoch als „bewegliches aerodynamisches Teil“ und somit als regelwidrig ein. Nach einigen Verhandlungen wurde dessen Verwendung noch während der Saison 2006 verboten.

Seekrank im Hochhaus – Resonanz in der Architektur

Die Technik der Schwingungstilgung findet auch dann Anwendung, wenn beispielsweise auf Bauwerke eine Schwingung mit gleichmäßiger Frequenz wirkt. So klagten Bewohner von Hochhäusern häufig über Symptome, die einer Seekrankheit ähneln, wenn das Gebäude einem Erdbeben oder einem starken Sturm ausgesetzt war. Die Japaner haben hierfür sogar einen Begriff geprägt: „Jishinyoi“ (die „Erbeben-Trunkenheit“).

Um dem entgegenzuwirken wurden Schwingungsdämpfer designt. Diese bestehen aus Pendeln, die mehrere Tonnen schwer sind und im obersten Stockwerk eines Hochhauses angebracht werden, um die Schwingungen des Gebäudes zu dämpfen. Das hat sich bewährt und bei der Konstruktion und dem Bau von Wolkenkratzern weltweit durchgesetzt. So haben die Bewohner der Hochhäuser nicht nur ein „ruhigeres“ Zuhause, natürlich stellen diese Pendel auch hinsichtlich der Sicherheit einen wesentlichen Vorteil dar.

Aus diesem Grund finden sie auch Anwendung im Brückenbau. Denn obwohl bekannt ist, wie Resonanz entsteht, so gibt es doch zahlreiche Beispiele von Brücken bei denen Schwingungen, die von Fußgängern oder auch durch Wind ausgelöst wurden, zu einer Resonanzkatastrophe geführt haben.

Der Frosch im Baum – Resonanz im Tierreich

Mit Beispielen für Resonanz könnte man ganze Bücher füllen. Sogar Tiere machen sich dieses Phänomen zunutze: ein auf Borneo beheimateter Baumfrosch (Metaphrynella sundana) lockt Weibchen an, indem er seinen Lockruf in einer wassergefüllten Baumhöhle genau auf die dort herrschende Resonanzfrequenz anpasst.

Um die so entstehende Verstärkung des Tons zu erreichen, testet der Frosch durch probeweises „Rufen“ in verschiedenen Tonlagen wie er die Resonanzfrequenz in der jeweiligen Baumhöhle am besten trifft. Die beeindruckende Steigerung der Lautstärke um 10 bis 15 Dezibel erzielt in der Regel den gewünschten Effekt und das „rythmische Ständchen“ führt zu einem ersten Rendezvous.

Schwingungen bei Mensch und Maschine

„Rhythmus“ beschreibt übrigens ganz allgemein eine gleichmäßige Wiederholung. Eine Schwingung dagegen ist konkreter eine wellenförmige Bewegung, die durch Amplitude und Frequenz bestimmt wird. Schwingungen begleiten uns oft unbewusst im Alltag. So spielen sie nicht nur, wie oben erwähnt, in der Formel 1, sondern auch ganz allgemein im Automobilbau eine wichtige Rolle. Würden die Auswirkungen dieser Schwingungen nicht beachtet, hätten Autofahrer noch häufiger mit der sogenannten Reisekrankheit zu kämpfen.

Denn während der Fahrt wirken die sogenannten Ganzkörper-Schwingungen (GKS) auf den Menschen, die insbesondere über den Sitz übertragen werden. Dieser sollte deshalb auf das Fahrwerk und die Karosserie abgestimmt sein, um unerwünschte Schwingungen zu dämpfen. Von Mercedes-Benz durchgeführte Tests ergaben, dass vor allem Schwingungen zwischen vier und neun Hertz ein Unwohlsein beim Fahrer auslösen können. Bei einer höheren Frequenz der Schwingungen können Rückenschmerzen (acht bis zwölf Hertz) oder Kopfschmerzen und Muskelverspannungen (13 bis 20 Hertz) verursacht werden.

Für die Entwicklung von Autositzen hat BMW deshalb eine Methode entwickelt, die objektive Messwerte mit subjektiven Wahrnehmungen von Testfahrern verbindet. Dabei werden abgesehen von den berechenbaren Faktoren, wie beispielsweise Form, Material und Verhalten des Sitzes bei Beschleunigung auch Eindrücke, die unter realen Bedingungen gewonnen werden, berücksichtigt. Unerwünschten Schwingungsphänomenen soll so bestmöglich entgegengewirkt werden, um dem Fahrer und den Passagieren eine möglichst angenehme Fahrt zu ermöglichen.

Auch wenn die Einflüsse durch Schwingungen auf den Körper, die bei dem Arbeiten mit Maschinen entstehen, wesentlich geringer sind, als bei einer Autofahrt: Ingenieure sollten bei ihren Entwicklungen nicht nur möglicherweise auftretende Resonanzprobleme im Blick haben, sondern auch das Resonanzsystem „Mensch“ beachten.

 

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