Gute Gründe für eine erdbebensichere Bauweise

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Obwohl Erdbeben nur selten auftreten, stellen sie eine der zerstörerischsten Gefahren für die bebaute Umwelt dar. Und allein die Tatsache, dass sich die Weltbevölkerung immer mehr in den Städten konzentriert, lässt die Bedrohung von urbanen Zentren steigen. Wie wirken sich Erdbeben auf Gebäude aus? Und warum kommt es mehr denn je auf eine erdbebensichere Bausweise an?

Wieviele Erdbeben ereignen sich weltweit?

Nach Angaben des National Earthquake Information Center (NEIC) in Rockville, Maryland, USA, ereignen sich weltweit jedes Jahr durchschnittlich 20.000 Erdbeben, also durchschnittlich 55 pro Tag.

Nach langfristigen Aufzeichnungen, die seit etwa 1900 gemacht werden, können wir im jährlichen Schnitt mit 16 schweren Erdbeben rechnen. Diese beinhalten 15 Erdbeben der Stärke 7 und eins der Stärke 8 oder sogar mehr. Dabei zeigen die Aufzeichungen der letzten 40 bis 50 Jahre, dass die Zahl der stärksten Erdbeben den Durchschnitt über ein Dutzend mal überschritten hat. Das macht den Schutz von Gebäuden umso wichtiger.1

Wie wirken sich Erdbeben auf Gebäude aus?

Bei größeren Erdbeben kommt es im Erdinneren zu gewaltigen Wellenbewegungen, die in Form von Bodenerschütterungen an der Oberfläche zu spüren sind. Dabei bewegt sich der Boden in vertikaler wie auch horizontaler Richtung und mit ihm alles, was darauf steht.

So wirken sich Erdbeben zum einen direkt destabilisierend auf Gebäudestrukturen aus, indem die auftretenden Bodenerschütterungen die horizontalen und vertikalen Gebäudekomponenten in Schwingung versetzen. Zum anderen kann es auch indirekt durch die Folgen von Erdrutschen oder Bodenverflüssigungen zu schweren Schäden kommen.

Enorme Schäden bei schweren Erdbeben

Am Morgen des 08. Oktober 2005 ereignete sich in Assad Jammu und Kashmir sowie in der pakistanischen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa ein schweres Erdbeben der Stärke 7,6 mW. Etwa 100.000 Menschen starben, 138.000 wurden schwer verletzt. Hinzu kam, dass etwa 3,5 Millionen Menschen vertrieben wurden. Es kam zu massiven Schäden, die aufgrund der Bodenerschütterungen an Gebäuden und Infrastruktur entstanden sind:

  • 153 Häuser,
  • 298 Schulen,
  • 796 Gesundheitseinrichtungen,
  • 440 km Straßen
  • und 50 bis 70 % der Dienstleistungen wie Kommunikation, Elektrizität und Wasserversorgung wurden beschädigt.

Und während sich die geschätzten Gesamtkosten der Schäden auf rund 5,2 Mrd. USD belaufen, sind die Ursachen für die enormen Zerstörungen zum Teil darauf zurückzuführen, dass die meisten Gebäude nur unter teilweiser Einhaltung von Bauvorschriften und ohne seismische Auslegung errichtet wurden.2

Erdbebensichere Bauweise erhöht Überlebenschancen

Somit ist klar, dass Gebäude und Infrastrukturen erdbebensicher geplant, entworfen und gebaut werden sollten. Nicht nur, aber vor allem in besonders erdbengefährdeten Gebieten liegen die Vorteile auf der Hand:

  • Signifikante Verbesserung der Überlebenschancen
  • Wichtige Einrichtungen können weiter betrieben werden
  • Strukturelle Schäden werden auf bestimmte Bereiche begrenzt
  • Das Versicherungsrisiko verringert sich
  • Widerstandsfähigkeit des Gebäudes erhöht das Vertrauen der Mitarbeiter
  • Moral nach einem Erdbeben verbessert sich3

Seismische Vorschriften im Fokus

Kennen Sie das Sprichwort: Erdbeben töten keine Menschen, aber Gebäude schon. Dann sollte auch einleuchten, warum es seismische Vorschriften oder Erdbebenvorschriften zum Schutz von Eigentum und Leben in Gebäuden bei Erdbeben geben muss.

Die Basis dafür und zur Erdbebenbemessung bildet die Anwendung von Bautechniken, Methoden und Kriterien für den Entwurf und die Konstruktion von erdbebengefährdeten Bauwerken (Lindeburg, Michael R. Baradar, Majid 2001). So hängen die grundlegenden Anforderungen an die seismische Dauerhaftigkeit eines Bauwerks von der Art des Bauwerks, dem Standort des Bauwerks und der Anwendung der seismischen Auslegung und Kriterien ab (Omori, F. 1900). Aber auch die Stabilität des Bodens muss vor Baubeginn geprüft werden.

Was macht eine erdbebensichere Auslegung aus?

Eine erdbebensichere Auslegung und damit auch Konstruktion verleiht Gebäuden eine angemessene Steifigkeit, Festigkeit und Verformbarkeit (Arnold, Christopher, Reitherman, Robert, 1982). Deshalb sollte man Gebäude – in Übereinstimmung mit geltenden Bauvorschriften – so konzipieren, dass sie nicht einstürzen können und den am Bauplatz zu erwartenden Erdbeben standhalten.

Die bloße Einhaltung von Vorschriften gewährleistet allerdings nicht, dass Gebäude und Infrastruktureinrichtungen automatisch geschützt sind. Denn allein die Konstruktion von Bauwerken, die blindlings einigen Erdbebenvorschriften folgt, ist nicht geeignet, die Überlebensfähigkeit vor schweren Schäden oder Einsturz zu gewährleisten (Gotz, Karl-Heinz et al. MCGraw-Hill, 1989). Vielmehr kann eine ungenügende seismische Auslegung der Gebäudestruktur immer noch zum Einsturz oder zur Zerstörung führen.

Welche Fortschritte macht der Erdbebenschutz?

Dank intensiver Forschung wurden in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte auf dem Gebiet des Erdbebenschutzes erzielt: Neue Materialien werden verwendet, neue Lösungen entwickelt und die zugrunde liegende Entwurfsphilosophie geändert. Daraus lassen sich Methoden ableiten, wie der grundsätzliche Ansatz für die erdbebensichere Auslegung von Gebäuden und Infrastruktur aussehen sollte.

Zunächst ist es wichtig, zu verstehen, wie sich Erdbeben auf vom Menschen geschaffene Strukturen auswirken. So werden bei einem Erdbeben Schockwellen in kurzen und schnellen Abständen in alle Richtungen durch den Boden geschickt. Und während Gebäude in der Regel so ausgerüstet sind, dass sie die vertikalen Kräfte aus ihrem Gewicht und der Schwerkraft aufnehmen können, sind sie nicht in der Lage, die bei Beben auftretenden seitlichen Kräfte zu bewältigen.

Aber gerade diese horizontale Belastung ist es, die Wände, Böden, Säulen, Balken und zusammenhaltende Verbindungselemente zum Schwingen bringt. In der Folge führt die Bewegungsdifferenz zwischen dem unteren und oberen Teil des Gebäudes zu einer extremen Belastung, die das tragende Gerüst zum Brechen und schließlich die gesamte Struktur zum Einsturz bringt.4

Erdbebenresistentes Gebäude

Im nächsten Teil unserer Beitragsserie rund um den Erdbebenschutz erfahren Sie, mit welchen Methoden sich Gebäude und Infrastrukturanlagen gegen Erdbeben absichern und schützen lassen.

Quellen:

1.https://www.usgs.gov/faqs/why-are-we-having-so-many-earthquakes-has-naturally-occurring-earthquake-activity-been?qt-news_science_products=0#qt-news_science_products

2.Kashmir earthquake of 2005 | Impact, Response, & Facts | Britannica

3.https://www.aurecongroup.com/thinking/thinking-papers/outsmarting-tremors-with-earthquake-resilient-building-design

4.https://www.bigrentz.com/blog/earthquake-proof-buildings




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