Messverfahren und Messfehler
Vor ein paar Wochen haben wir uns mit der geschichtlichen Entwicklung der Messtechnik befasst. Heute möchten wir etwas näher auf die verschiedenen Messmethoden eingehen. Durch sie werden verschiedene Parameter von Messobjekten bestimmt. Bevor wir Ihnen einen kurzen Überblick über die gängisten Messverfahren geben, hier zunächst ein paar Grundbegriffe.
Messtechnik
Die Grundlagen der Messtechnik sind in der DIN 1319-1:1995-01 beschrieben. Messtechnik basiert auf der sog. "Metrologie", welche die wissenschaftlichen Grundlagen für die Entwicklung von Messmitteln und ihren Anwendungen erforscht. In der Messtechnik werden die metrologischen Erkenntnisse entsprechend in der Technik von Messmitteln und ihren Anwendungen umgesetzt.
Direkte und indirekte Messverfahren
Bei direkten Messverfahren wird die Messung „direkt“ mittels eines "Grundnormals" (eine vereinbarte Einheit) bestimmt. Hier wird der Wert direkt am Objekt ermittelt, z.B. ein Längenvergleich mit Maßstab oder ein Massenvergleich mit Gewichten, wie z.B. bei einer Balkenwaage. Weitere typische Beispiele für direkte Messverfahren sind das Messen von Spannung oder Strom, oder das Messen von Temperatur mittels eines Quecksilberthermometers.
Das direkte Messverfahren ist also ein direkter Vergleich und wird daher auch als Vergleichsverfahren bezeichnet. Die dafür erforderlichen internationalen "Basiseinheiten" sind im internationalen Einheitensystem (auch frz. SI, Système international d’unités) festgelegt. Dies ist ein metrisches Einheitensystem und enthält folgende Basiseinheiten aus denen alle anderen Einheiten abgeleitet werden:
- Länge (1 m)
- Masse (1 kg)
- Zeit (1s)
- Elektrische Stromstärke (1 A)
- Temperatur (1K)
- Lichtstärke (1cd)
- Stoffmenge (1mol).
Die Definitionen der Basiseinheiten waren in der Vergangenheit Änderungen unterworfen. Z.B. wurde bis 1960 das Urmeter als Prototyp für die Einheit Meter verwendet. Mittlerweile werden alle Einheiten außer dem Kilogramm über unveränderliche Naturkonstanten festgelegt. Da sich die Masse des Urkilogramms aber theoretisch ändern könnte (und dies wahrscheinlich auch tut) arbeitet man daran, auch die Einheit Kilogramm auf diese Art eindeutig zu definieren.
Wo es nicht möglich ist den Messwert direkt zu ermitteln, wendet man das indirekte Messverfahren an. Hier wird der gesuchte Messwert einer Messgröße aus einer anderen physikalischen Größe ermittelt, wobei der Zusammenhang zwischen den physikalischen Größen bekannt sein muss (Beispiel: Bestimmung der Geschwindigkeit nach der Formel "Geschwindigkeit = Weg / Zeit"). Da diese Art der Messung auf einer Referenz beruht, wird die indirekte Messung auch als Vergleichsmessung bezeichnet.
Analoge und digitale Methode
Des Weiteren unterscheidet man bei den Messverfahren zwischen analogem Messen und digitalem Messen. Beim analogen Messen wird stufenlos und kontinuierlich gemessen und analog zu dem Messwert eine Signalstärke gebildet. Der Messwert wird auf einem Zeigerinstrument mit einer Skala (z.B. Spannung, Widerstand) angezeigt. Ein anderes Beispiel für analoges Messen ist das zuvor genannte Temperaturmessen mit Hilfe eines Quecksilberthermometers.
Bei digitalen Messverfahren wird der Messwert hingegen binär umgewandelt und in Ziffernform, also digital, dargestellt. Aber auch die Messung der Drehzahl durch das Zählen der Umdrehungsimpulse innerhalb einer definierten Zeitspanne zählt zu den digitalen Messverfahren.
Digitalanzeigen lassen sich übrigens zwar genauer ablesen und man vermeidet so Ablesefehler bzw. Ableseungenauigkeiten wie bei Analoganzeigen, dafür lassen sich letztere nach allgemeiner Auffassung aber für den Menschen leichter erfassen als Digitalanzeigen.
Kontinuierliche und diskontinuierliche Methode
Wie die Begriffe bereits nahelegen, steht hier der Zeitfaktor im Vordergrund, wobei das Messsignal sowohl analog als auch digital sein kann. Wird die Messgröße zeitlich fortlaufend, also "kontinuierlich" erfasst, wie z.B. bei einem Linienschreiber, spricht man von der kontinuierlichen Methode.
Bei der diskontinuierlichen Methode wird der Signalweg dagegen zwischen dem Messpunkt und der Messausgabe (z.B. Linienschreiber) nur zeitweise aktiviert. Die Messgröße wird hier also mit periodischen Unterbrechungen erfasst, z.B. auf einem Punkteschreiber. Auf diese Art lassen sich die Werte der Messgröße über einen längeren Zeitpunkt darstellen.
Ausschlagsmessverfahren
Wie zuvor erwähnt, vergleicht man beim Messen die Messgröße mit einer bekannten Größe, der sog. Eichinformation. Diese kann beim Ausschlagsmessverfahren beispielsweise als Weglänge auf einer Skala hinterlegt sein – auf diese Art lässt sich dann z.B. mittels einer Federwaage das Gewicht eines Messobjektes auf einfache Weise bestimmen. Die bekannte Größe ist in diesem Fall die Federkraft, die mit zunehmendem Federweg wächst.
Kompensationsverfahren
Als anschauliches Beispiel dafür dient hier eine Balkenwage: Bei dieser Methode wird die Messgröße (Messobjekt) mit geeichten Massennormalen (hier also Gewichten) verglichen.
Wenn man die Gravitationskonstante verändert, wirkt sich das auf beide Seiten der Waage aus. Um das Gewicht des Messobjektes zu bestimmen, wird ein Nullabgleich durchgeführt: Hierbei wird das Messnormal – im gezeigten Beispiel durch Hinzufügen oder Entfernen von Gewichten – solange verändert, bis es der Messgröße entspricht.
Messfehler
Eine absolut korrekte Ermittlung einer Messgröße ist nicht möglich – mit einer gewissen Abweichung, der sog. Messabweichung, muss man leben. In der Fachsprache bezeichnet man die Differenz zwischen gemessenem und wahrem Wert als "Messfehler", für den es verschiedene Gründe gibt. Hier sind insbesondere Gerätefehler, Verfahrensfehler oder menschliche Fehler zu nennen. Des Weiteren unterscheidet man bei Messfehlern sog. "systematische Fehler" und "zufällige Fehler".
Systematische Fehler sind gleichbleibende und somit reproduzierbare Fehler: Sie beziehen sich auf die Messgeräte selbst (z.B. hervorgerufen durch Abnutzung, Alterung oder Umwelteinflüsse), aber auch auf das Messverfahren an sich. Systematische Fehler können daher mit entsprechenden Maßnahmen korrigiert werden.
Anders verhält es sich mit den "zufälligen Fehlern", denn hier handelt es sich um nicht-systematische Fehler, die z.B. auf eine nicht mehr korrekte Kalibrierung der Messgeräte, die Umgebungsbedingungen (z.B. Temperatur) oder den Bediener selbst (Ablesefehler) zurückzuführen sind. Diesen Fehlertyp kann man letztlich aber (eine korrekte Kalibrierung dann vorausgesetzt) durch Mehrfachmessungen und der entsprechenden Ermittlung eines Mittelwertes kompensieren.
Fehlerrechnung
Da es letztendlich nicht möglich ist exakt zu messen, wirken sich die Abweichungen der Messwerte von ihren tatsächlichen Werten auf das Messergebnis aus. Dadurch weicht dieses auch von seinem wahren Wert ab. Um solche Fehler zu minimieren wendet man die Fehlerrechnung an. Eigentlich ist dieser Begriff irreführend da man Fehler nicht berechnen kann, sondern nur die Möglichkeit hat, sie realistisch abzuschätzen. Somit ist das Ziel der Fehlerrechnung das Ermitteln des besten Schätzwertes für den wahren Wert (Messergebnis) und für die Größe der Abweichung (Messunsicherheit).
Den zahlreichen Verfahren geht eine geschichtliche Entwicklung der Messtechnik voraus, die wir gesondert und detaillierter in einem anderen Blogartikel darstellen.
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