API – Mehr als eine Norm
Nicht zu verwechseln mit der gleichlautenden Abkürzung aus dem IT-Bereich (Application Programming Interface) wollen wir hier die für Spezialkupplungen, welche in den Bereichen Erdöl, Gas und Chemie verwendet werden, wesentliche API-Norm etwas näher erläutern. Doch zunächst ein kurzer Blick auf das namensgebende "American Petroleum" (API), also derjenigen Institution, die diese Normen erstellt.
American Petroleum Institute
Das American Petroleum Institute (API) mit Sitz in Washington D.C. wurde am 20. März 1919 gegründet und ist der größte nationale Fachverband, der alle Bereiche der amerikanischen Öl- und Gasindustrie einschließlich der petrochemischen Industrie vertritt. Diese machen 8% der amerikanischen Wirtschaft aus und stehen für 10.3 Millionen Arbeitsplätze in den USA. Innerhalb der derzeit 625 Mitglieder befinden sich große Unternehmen sowie Unternehmen aus den Bereichen Förderung und Produktion, Raffination, Marketing, Pipelines, der Schifffahrtsbranche sowie Service- und Zuliefer-unternehmen.
Ein wichtiger Bereich der zahlreichen Aufgaben des API ist die Standardisierung. Aktuell steht das API für fast 700 Normen und empfohlene Verfahren, die alle Bereiche der Öl- und Gasindustrie abdecken und zum Teil auch von der Internationalen Organisation für Normung (ISO) übernommen wurden.
Die API Norm 671
Kupplungen gemäß API-671 Standard werden, wie eingangs erwähnt, für kritische Einsatzbereiche in den Industriebereichen Erdöl, Gas und Chemie verwendet, wo sie i.d.R. auch für längere Zeitintervalle eingesetzt werden. Der Standard legt u.a. fest, dass Kupplungen so ausgelegt sein müssen, dass Winkelfehler und axiale Verschiebungen der Welle aufgenommen werden können.
Bei API-671 Anwendungen werden vorwiegend Lamellenkupplungen sowie Membrankupplungen empfohlen. Die Betriebsdrehzahl und das Nenndrehmoment sowie Spitzendrehmomente sind dabei die maßgeblichen Faktoren für die Festlegung, welcher Typ und Größe der genannten Kupplungen am besten für die Anwendung vorgesehen werden kann. Auch Zahnkupplungen, Hohlwellenkupplungen und Elastomerkupplungen sind gemäß API-671 Standard zugelassen, jedoch nicht üblich.
Nach der Norm muss die Kupplung so ausgelegt sein, dass eine Mindestlebensdauer von 5 Jahren (bei Lamellenkupplungen) bzw. 3 Jahren (bei Zahnkupplungen sowie torsionsgedämpften- und elastischen Kupplungen) erreicht wird – d.h. die Kupplung muss innerhalb des genannten Zeitraumes in der jeweiligen Anwendung permanent in Betrieb sein. Nachfolgend möchten wir Ihnen kurz den Aufbau und die fünf wichtigsten Abschnitte der API-Norm 671 erklären.
1. Basic Design
Hier wird die grundsätzliche Auslegung einer flexiblen Kupplung mit Hinblick auf die Dimensionierung und zu berücksichtigende Sicherheitsfaktoren beschrieben, um so Mindest- und Maximalbelastungen sowie Rundlaufeigenschaften zu definieren. Dazu zählen insbesondere:
- Kupplungsgröße,
- Drehmomentkapazität,
- Qualität der Zentriersitze,
- Biegeeigenfrequenz der Kupplungszwischenstücke (Spacer),
- Temperaturen und Wechselmoment.
Zusätzlich müssen auch individuelle Einsatzbedingungen Berücksichtigung finden, jedoch wird üblicherweise mit den festgelegten Vorgabe- und Berechnungsformeln (Sicherheitsfaktoren) entsprechend dem API-671 Standard eine ausreichende Dimensionierung der Kupplung erreicht.
Der in der API-Norm festgelegte Standard kann somit auch als Checkliste dienen, eine Kupplung korrekt auszulegen. Außerdem stellt diese Norm sicher, dass Lieferanten – z.B. im Rahmen einer Ausschreibung – eine Kupplung auf der Basis von einheitlichen Spezifikationen anbieten und somit für den Käufer eine Vergleichbarkeit gegeben ist.
2. Wuchten
Besonderes Augenmerk wird in der API-671 Norm auf das Thema Auswuchten und Auswuchtgüte einer Kupplung gelegt. Der Standard sieht dabei drei optionale Wuchtausführungen mit definierten Wuchtgüten vor:
1. Einzelteilwuchtung
Für alle Anwendungen unter 1800 U/min ist nur die Einzelwuchtung der Hauptkomponenten erforderlich. Für die anderen Komponenten, wie z.B. Schrauben, ist eine Überprüfung der Gewichtstoleranz ausreichend.
2. Einzelteilwuchtung mit einer Montageprüfung
Für Anwendungen über 1800 U/min. Die Hauptkomponenten werden gewuchtet, hiernach wird die Kupplung vollständig zusammengebaut und die Wuchtgüte der kompletten Kupplung vor Versendung überprüft. Falls die Restunwucht einen bestimmten Wert überschreiten sollte, ist die Wuchtgüte der Einzelkomponenten zu überprüfen und ggf. nachzuwuchten.
3. Kombination Einzelteil- / Baugruppenwuchtung
Die Hauptkomponenten werden wie bei Ziffer 1. einzeln gewuchtet. Die Kupplung wird dann vollständig zusammengebaut und als komplette Einheit gewuchtet. Diese Methode hat jedoch den Nachteil, dass nach der Demontage der Kupplung auf eine positionsgetreue Wiedermontage geachtet werden muss
3. Werkstoffe
Die möglichen Werkstoffe für die Kupplungen decken einen weiten Bereich von Materialien ab. Käufer und Verkäufer müssen sich über die Wahl der Werkstoffe, einschließlich der Elastomere einigen. Der Käufer muss dabei alle relevanten Betriebsbedingungen (einschließlich der Umgebungsbedingungen), wie z.B. Temperatur, korrosive Atmosphäre oder abrasive Mittel in der Umgebungsluft spezifizieren. Außerdem muss er umweltbezogene Restriktionen, welche die Wahl des Werkstoffes einschränken, dem Lieferanten bzw. Verkäufer mitteilen.
Nach API-671 Standard sollten Naben, Hülsen sowie Zwischenstücke vorzugsweise geschmiedet sein. Geschweißte Zwischenstücke sowie Sphäroguss sind in Ausnahmefällen ebenfalls zulässig. Werkstoffe wie Grauguss sollten hier grundsätzlich nicht verwendet werden.
4. Qualität
Die Norm befasst sich nur begrenzt mit der Festlegung von Qualitätskriterien und beschränkt sich hier mehr auf allgemeine Punkte, z.B. an welchen Stellen Komponenten gestempelt bzw. markiert werden dürfen, und dass Qualitätsaufzeichnungen mindestens 5 Jahre aufbewahrt werden müssen.
Ergänzend schreibt die API-671 Norm hier vor, dass jegliche Reparaturen an Kupplungen nur nach Rücksprache mit dem Hersteller durchgeführt werden dürfen.
5. Herstellerdaten
In dem letzten Abschnitt der Norm ist festgelegt, dass der Hersteller bzw. Lieferant dem Käufer u.a. den Zusammenhang zwischen zulässigem Dauerdrehmoment und der Nominaldrehzahl der Kupplung mitteilt. Neben den üblichen Angaben wie z.B.:
- der Betriebsdrehzahl,
- der maximal dauerhaften Winkelverlagerung der Kupplung,
- der maximal dauerhaften Axialverlagerung als Funktion der Temperatur,
- dem Wechselmoment und seiner Frequenz
sind hier Angaben zur Biege- sowie Torsionseigenfrequenz der Kupplungskomponenten erforderlich. Die Wege zur rechnerischen Bestimmung dieser Eigenwerte werden dabei im Detail ebenfalls in der Norm beschrieben.
Für Kupplungen mit einer nichtlinearen Torsionssteifigkeit muss der Hersteller dem Käufer einen Kurvenverlauf oder eine Tabelle mit Verdrehwinkel über Drehmoment und das Dämpfungsmaß zur Verfügung stellen.
Fazit
Der API-671 Standard hat zum Ziel, dass für kritische Anwendungen hochwertige Kupplungen bereitgestellt werden und dass Ersatzkomponenten auch viele Jahre später noch bezogen werden können. Wie Royce N. Brown in seiner Publikation "API 671 Kupplungen – Welche Auswirkungen hat sie auf den Anwender" schreibt, gibt der API-671 Standard sowohl Anwendern, als auch Käufern Klarheit mit Hinblick auf die Spezifikationen von Kupplungen. Seit der Entwicklung und den nachfolgenden Veröffentlichungen dieser Norm können Konstrukteure und Anwender das Thema Kupplungsauslegung in den relevanten kritischen Bereichen mit mehr Sicherheit angehen, als das vor der Festlegung dieser Norm der Fall war.
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