Soft Skills: Sind Ingenieure für die technologische Entwicklung gerüstet?

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Ingenieure sind technische Mathematiker. Sie sind sachlich, folgen Erkenntnissen aus Berechnungen und setzen auf Bewährtes. Soweit das Klischee. Dabei handeln Ingenieure in ihrem Berufsalltag häufig schon genau so, wie es in vielen Beiträgen über Zukunftstrends der Arbeit gefordert wird: datenbasiert, kreativ, planerisch und lösungsorientiert. Umfassende Soft Skills sind nicht länger eine nette Option. Über kurz oder lang werden sie eine Notwendigkeit.

„No man is an island“ – so schrieb es der Dichter John Donne im 17. Jahrhundert, so wiederholte es Reggae-Musiker Dennis Brown in seinem ersten Album. Das gilt natürlich auch im Beruf. Mit zunehmender Vernetzung und technologisch unterstützter Kommunikation verstärkt sich dieses Phänomen noch. Denn die Anforderungen an zwischenmenschlichem Austausch steigen, fast jeder muss mit Daten umgehen, sich immer besser selbst managen können und fähig sein, mittels Transferwissens neue Lösungen zu kreieren.

In Deutschland werden die Konsequenzen für Unternehmen und Arbeitnehmer unter „Arbeiten 4.0“ diskutiert. International geht es häufig um „Future of Work“ oder die Folgen des „Industrial Internet“. Klar ist: Der Wandel durch Technologie und Vernetzung betrifft alle Arbeitsbereiche und Branchen. Auch die Arbeit in der Produktion, in Großanlagen, der Energiewirtschaft und anderen Branchen bleibt nicht unbeeinflusst. Die Arbeitswelt wird vor allem eines: komplexer. Das sollte Ingenieuren entgegenkommen. Denn Komplexität, mal ehrlich, ist die Home Base von Ingenieuren. ;)

Planerische und kommunikative Kompetenzen werden wichtiger

Noch gibt es nur vereinzelt Szenarien für Arbeitsplätze in der Industrie. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in einer Fallstudie die Konsequenzen für die Fertigung skizziert. Der Wunsch nach der Losgröße 1, also dem umfassend individualisiertem Produkt, wird zunehmend Realität. Das beeinflusst Geschäftsmodelle und somit auch Arbeitsplätze und Arbeitszeiten.

„Insbesondere durch die Assistenzsysteme werden erhebliche Änderungen in der Arbeitswelt erwartet. Grundgedanke dabei ist es, zunehmende Komplexität für die Menschen beherrschbar zu machen.“ (BMAS-Studie, Seite 78)

Das betrifft laut Studie alle Qualifikationsniveaus: vom Azubi bis zum Entwicklungsingenieur. Eine bemerkenswerte Konsequenz der Entwicklung: Planerische und kommunikative Kompetenzen sowie Teamfähigkeit werden immer wichtiger, um die komplexen Arbeitsaufgaben zu meistern.

„Durch dezentrale Datenbereitstellung, -aufbereitung und -visualisierung werden nun auch Aufgaben wie komplexe Problemanalysen direkt an der Produktionsmaschine möglich. Funktionen der Prozessoptimierung, der vorbeugenden Instandhaltung, aber auch des Wissensmanagements gehen damit einher.“ (BMAS, S. 79)

Ingenieure bringen häufig relevante Soft Skills mit

Selbstorganisation, Selbstverantwortung, interkulturelle und soziale Kompetenz, Transfer- und Präsentationsfähigkeiten sind weitere Soft Skills, die in ihrer Bedeutung noch steigen werden. Viele Ingenieure, Werks- und Maschinenarbeiter besitzen diesbezüglich großes Potenzial. Denn ohne die Fähigkeit, mit Komplexität umzugehen, zur Kommunikation und zum Transfer sind weder die Konstruktion neuer Komponenten noch das Anlernen neuer Mitarbeiter oder der reibungslose Ablauf auf einer Produktionslinie möglich.

Der Unterschied: Sind bisher einzelne Soft Skills für einzelne Aufgabenbereiche relevant, werden zukünftig alle Mitarbeiter viele Soft Skills benötigen, um ihren komplexer werdenden Job weiterhin zu meistern.  Wie eine Studie des World Economic Forums es beschreibt:

„Arbeitnehmer werden mehr Verantwortung im Bereich der Maschinenkontrolle und der Instandhaltung haben, wofür sie Problemlösungskompetenzen sowie ein breiteres Verständnis für die Arbeitsprozesse in ihrer Firma entwickeln müssen.“ (The Future of Jobs, WEF S. 23, eigene Übersetzung)

Ingenieure sollten also mit Blick auf diese Entwicklung gerüstet sein. Wie dies genau aussehen könnte, darauf schauen wir in den kommenden Wochen etwas genauer.

 

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