Zertifizierung nach Mittelspannungsrichtlinie: Das gilt für BHKW

Diesen Artikel teilen:

Mit der Erweiterung der Mittelspannungsrichtlinie 2013 ist der Zertifizierungsleitfaden für KWK-Anlagen verabschiedet und die Nachweispflicht zur BDEW-Richtlinie aus 2009 auch für diese Erzeugungsanlagen bindend. Seitdem müssen BHKW am Mittelspannungsnetz das Verhalten im Fehlerfall zertifizieren lassen. 

Dies bedeutet vor allem, dass die Aggregate den im Fall eines Spannungseinbruches im Netz erforderlichen Leistungssprung bewältigen können. Die Anlage muss in der Lage sein, Drehmomentänderungen aufgrund des Verlustes der Netzspannung ohne Stabilitätsverlust zu überstehen. Im Prüf- und Zertifizierungsprozess wird das geprüft und durch ein Zertifikat für die einzelne Erzeugungseinheit oder die Erzeugungsanlage bestätigt.

"Einheitenzertifikate pro Maschinentyp oder Baureihe werden meist auf dem eigenen Prüfstand erstellt", so Gunnar Kaestle, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Kraft- Wärme-Kopplung e.V. 

„Bei BHKW gibt es häufig eine ‚Familienbildung’: Das Zertifikat gilt dann für gleiche Bauweisen etwa in unterschiedlichen Größen.“

Ein Anlagenzertifikat benötigt jede KWK-Anlage ab 1 MW Leistung – auch wenn diese durch mehrere kleine Einheiten erreicht wird. "Diese Zertifikate sind dann nötig, wenn mehrere Einheiten in einer Anlage kombiniert werden, also zum Beispiel noch ein Trafo dazukommt", so Kaestle.

Somit kann die Anlagen-Zertifizierung auch für Hersteller kleiner BHKW unter 1 MW oder für Komponenten-Lieferanten relevant sein.

Schritt für Schritt zum Zertifikat

Einheit und Anlage werden zunächst am eigenen Teststand geprüft. Hier liegt die erste Herausforderung, wie Kaestle erklärt:

"Es muss ein Prüfstand in der entsprechenden Größe vorhanden sein und nicht jeder Netzbetreiber lässt alle nötigen Tests auch zu."

Der Grund: Gerade der Parallelbetrieb zur Prüfung der Aggregate unter realitätsgetreuen Bedingungen bedarf der expliziten Genehmigung des Netzbetreibers. Insbesondere der Kurzschlussversuch kann negative Auswirkungen auf benachbarte Netzanschlüsse haben.

Ist diese Hürde überwunden, folgt der eigentliche Prüfprozess. "Ein Prüfungsinstitut wird beauftragt, das den Konformitätstest vor Ort oder an einem geeigneten Prüfstand durchführt", so Kaestle. "Im finalen Schritt erfolgt die Zertifizierungsarbeit durch schriftliche Dokumentation und den Abgleich der Anforderungen. Diese Zertifizierungsarbeit ist in Deutschland in den Technischen Regeln der FGW e.V. festgehalten."  

Erneute Erweiterung der Mittelspannungsrichtlinie noch 2016

Zum Ende des Jahres 2016 soll es eine weitere Änderung der Mittelspannungsrichtlinie geben. "Die alte Mittelspannungsrichtlinie wurde unter dem Dach des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) entwickelt", erklärt Kaestle. "Aktuell erarbeitet jedoch das Forum Netztechnik und Netzbetrieb (FNN) als Ausschuss unter dem Dach des VDE die Anwendungsrichtlinie 4110, welche die BDEW-Mittelspannungsrichtlinie ablösen soll", so Kaestle weiter. 

"Eine der bedeutendsten Änderungen wird wohl sein, dass der Fault-Ride-Through weiter gefasst wird. Konkret soll er im Falle eines Kurzschlusses nicht nur wie bisher für dreiphasige Kurzschlüsse, sondern auch für zweiphasige Kurzschlüsse gelten. Auch diese müssten dann zukünftig geprüft und zertifiziert werden."

 
Whitepaper: Auf der Kinderschaukel eine Freude, für Ingenieure ein Problem: Resonanz.

Kommentieren